Fürsorgerische Zwangsmassnahmen

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zum Vergrössern anklicken v.l: Werner Aeschbacher, Erwin Marti, Tanja Gutmann, Guido Fluri

Letzten Samstag fand in Mümliswil, Kanton Solothurn eine Gedenkfeier zum zweiten Jahrestag der Ersten Nationalen Gedenkstätte für die Opfer des Heim- und Verdingkinderwesens in der Schweiz statt. Die Carl Albert Loosli Stiftung übergab Guido Fluri eine Büste des Journalisten und Dichters aus Schüpfen. C. A. Loosli hatte als Kind und Jugendlicher selber mehrere Anstalten überlebt.

 

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v.l. Werner Aebischer, Walter Däpp, Paul Niederhauser

Als Erwachsener schrieb er u.a. gegen die damalige Praxis an, Kinder von finanziell schlechter gestellten Personen oder solchen, die den Führenden in der Gesellschaft nicht genehm waren aus den Familien zu reissen und zu verdingen oder in Anstalten unterzubringen. Er wurde deswegen massiv angegriffen, doch war sein Credo: "Ich schweige nicht." Carl Albert Loosli, Texte und Gedichte


Die Familie meiner Mutter lebte in derselben Seeländergemeinde wie C. A. Loosli. Meine Grosseltern mütterlicherseits waren Verdingkinder. In der wievielten Generation weiss ich noch nicht. Seit über einem Jahr versuche ich über die Gemeinde herauszufinden, was meinen Grosseltern, ihren Vorfahren und ihren Kindern zugestossen ist.

 Auffällig ist jedenfalls, dass mehr als die Hälfte unter den Geschwistern meiner Mutter wiederum ehemalige Verding- und Heimkinder heirateten. Dass der leibliche Vater meines Sohnes ein ehemaliges Heimkind eines ehemaligen Heim- und Verdingkindes ist. Dass mein Sohn von einem Missbrauchstherapeuten ins Heim manipuliert wurde und bis heute unter seinem unglücklichen Start ins Leben leidet.

Am Samstag in Mümliswil dachte ich u.a. an meine Gotte (mein Bild von ihr siehst du oben rechts), der einzigen, die mir bisher aus der Vergangenheit erzählte. Sie war auch die Einzige, die bei ihren Eltern aufwachsen durfte. Trotzdem ist sie genauso Betroffene der Verdingung. Sie war fünf oder sechs Jahre alt, als sie erfuhr, dass sie Geschwister hat. Oft schon fühlte ich mich bei ihr an Schilderungen von Holocaustüberlebenden erinnert, die sich nur schon durch ihr Überleben schuldig fühlten.

Ich danke all denen, die nicht schweigen. Und ich danke jenen, die an unserer Seite stehen.